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«Das System ist nicht mehr im Gleichgewicht»

Das VU-Postulat zu möglichen Massnahmen zur langfristigen Sicherung der AHV im Rahmen einer Altersstrategie wurde mit 20 Stimmen an die Regierung überwiesen. Expertin Johanna Heeb freut sich auf die Antworten der Regierung.


Das VU-Postulat «Mögliche Massnahmen zur langfristigen Sicherung der AHV im Rahmen einer Altersstrategie» wurde im Landtag behandelt. Wie hast du die Debatte empfunden?

Die Diskussion im Landtag ist unerlässlich und wichtig. Themen der Altersvorsorge sind auch gesamtgesellschaftlich von grosser Bedeutung. Schlussendlich sind wir alle davon betroffen, gegenwärtig oder in ferner Zukunft. Obwohl es ein paar wenige Gegenstimmen gegeben hat, so hat sich die Mehrheit des Landtags für eine Überweisung des Postulats an die Regierung ausgesprochen. Ich freue mich auf die Ergebnisse und die Ausführungen der Regierung.


Die Regierung hat im Regierungsprogramm die Erarbeitung einer Altersstrategie aufgenommen – eine zentrale Forderung der VU im Wahlkampf – was hältst du von diesem Ansatz?

Die Erarbeitung einer nachhaltigen Altersstrategie erachte ich als essenziell. Nur so kann die langfristige Sicherung auch für zukünftige Generationen gewährleistet werden. Wichtig erscheint mir insbesondere, dass diese Altersstrategie umfassend ist und verschiedenste Themenbereiche mitberücksichtigt. Für mich zählt dazu neben der aktuell im Landtag diskutieren AHV Revision auch die 2.Säule, also die Pensionskasse für alle erwerbstätigen Personen und allenfalls auch eine 3.Säule, wie sie die Schweiz kennt. Nur so entsteht aus meiner Sicht eine ganzheitliche Altersstrategie für die Zukunft.


Es gibt aktuell den Mechanismus, dass die Regierung alle fünf Jahre prüft, wann die Reserven nicht mehr ausreichen, um fünf Jahresausgaben der AHV zu decken. Wie beurteilst du diesen Mechanismus?

Dieser Mechanismus stellt grundsätzlich ein gutes Überwachungswerkzeug dar. Vor allem haben aber die Finanzmärkte einen grossen Einfluss auf die Solidität der AHV. Das heisst, es ist immer auch eine Frage des Zeitpunktes der Überprüfung und kann dazu führen, dass Massnahmen aufgeschoben werden, weil gerade keine akute Dringlichkeit besteht. Kurzfristige Ausfinanzierungen des Staates sind keine Lösung. Aus meiner Sicht besteht jedenfalls grosser Handlungsbedarf für eine Altersreform.


Wie könnte man die Schwächen dieses Systems ausgleichen?

Das ist eine gute Frage. Die Verringerung der Zeitabstände zwischen den Gutachten ist meines Erachtens keine geeignete Lösung. Denn mit diesen versicherungstechnischen Gutachten sind auch immer Kostenimplikationen verbunden. Des Weiteren sollte auch der Charakter der langfristigen Ausrichtung nicht verloren gehen. Ich bin überzeugt, dass eine konsequente Umsetzung einer zukunftsfähigen Altersstrategie und das Wissen, dass die Gutachten jeweils nur eine Momentaufnahme zeigen, eine gute Ausgangslage bietet.


Die AHV ist «nur» ein Pfeiler für die Finanzierung des Lebens im Alter. Wie wichtig ist die AHV mit Blick auf andere Finanzierungsquellen?

Vielleicht hierzu eine kurze Erläuterung zur Altersvorsorge in Liechtenstein. Diese basiert auf dem 3- Säulen Prinzip, ähnlich dem Schweizer Modell. Die erste Säule, die AHV soll die Existenzen sichern, während die zweite Säule, die berufliche Vorsorge, zusammen mit der AHV den gewohnten Lebensstandard aufrechterhalten soll. Wie bereits erwähnt, kennen wir in Liechtenstein keine offizielle dritte Säule, wie dies die Schweiz tut. Das «private Sparen» ist somit jedem persönlich überlassen.


Im Gesamtkontext der Altersvorsorge nimmt die AHV also eine sehr zentrale Rolle ein. Menschen ohne oder mit nur geringer Rente aus der zweiten Säule – wie beispielsweise Personen, die sich um die Kindererziehung kümmern und keiner ausserhäuslichen Tätigkeit nachgehen – sind auf die AHV angeweisen. Der AHV mit ihrem Umlageverfahren liegt auch der Sozialgedanke zugrunde. Das heisst, die Renten werden durch die aktive Generation finanziert sowie Besserverdienende leisten einen höheren Beitrag zu Gunsten von schlechterverdienende Menschen. Es liegt auf der Hand, dass sich dieses System durch die demografische Entwicklung und die gestiegene Lebenserwartung nicht mehr im Gleichgewicht befindet.


Interview: Michael Winkler


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